Donnerstag, 19. September 2013

Das wars

Gestern um 12 Uhr ist mein Oliver gestorben.

Schon am Montag fühlte er sich sehr schwach. Und als wir am Dienstagmorgen früh aufgestanden sind um zum Arzt zu fahren, fühlte er sich noch schlechter. Er war so schwach, dass er kaum noch alleine durch die Wohnung gehen konnte. Als das Taxi vor der Tür stand und wir runtergehen wollten, sagte er, er schaffe die Treppen nicht herunter. Also haben wir das Taxi wieder weggeschickt und ich habe beim Arzt angerufen und die Lage geschildert. Wir könnten ins Krankenhaus kommen, um Blut zu bekommen, aber dann würde Oliver wahrscheinlich nicht mehr nach Hause kommen (vielleicht nie wieder) oder wir könnten zu Hause bleiben, wurden mir als Alternativen vorgeschlagen. Ich besprach mit dem Arzt, dass ich mich gegen Mittag mit einer Entscheidung melden würde. Dann habe ich mich zu Oliver ins Bett gelegt und ein bisschen in seinen Armen geweint. Wir haben darüber gesprochen und waren beide unschlüssig. Wir hatten ja irgendwie noch immer die Hoffnung, dass Oliver wieder gesund werden könnte.

Die Entscheidung ins Krankenhaus zu gehen war schon halb da, als Olivers Mutter am frühen Vormittag zu uns kam. Auch mit ihr habe ich das dann noch besprochen und auch sie tendierte eher für das Krankenhaus. Wir waren nur so unsicher. In diese Unsicherheit hinein rief der Seelsorger des Marienkrankenhauses Herr Scheuer uns an. Er hatte von der ambulanten ökumenischen Hospitzhilfe, mit der ich am Montag kurz am Telefon gesprochen hatte, gehört, dass es Oliver nicht so gut ging und wollte mal nachfragen. Ich schilderte ihm die Situation und er wollte sich direkt darum kümmern, auf welche Station Oliver denn kommen könnte, wenn er ins Krankenhaus müsste.

Wenige Minuten später rief er wieder an und teilte uns mit, dass die Palliativstation des Marienkrankenhauses voll belegt wäre, ebenso wie die onkologische Station. Unsere einzige Möglichkeit dort wäre die chirurgische Station, was er uns aber nicht empfehlen würde. Er habe aber mal im Jung-Stilling-Krankenhaus auf der Palliativstation angerufen. Dort sei gerade ein Zimmer frei geworden. Wir haben uns also entschieden dorthin zu gehen. Also habe ich einen Krankentransport bestellt, der Oliver auch die Treppen runtertragen konnte. Und dann ging es am Dienstagmittag ins Jung-Stilling-Krankenhaus.

Im Krankenhaus hatten wir ein Zimmer für uns und Oliver hat erst mal einige Zeit geschlafen. Zwischendurch habe ich ihn gefragt, wie er sich fühle, ob er das Gefühl habe, wir würden das schaffen, weil es mir gerade schwer fiele noch daran zu glauben. Oliver hatte noch immer Hoffnung. Er sagte: „wir schaffen das“.
Nachmittags kam Herr Scheuer und wir hatten noch ein sehr schönes Gespräch mit ihm. So ein langes und intensives Gespräch hatten Oliver und ich schon länger nicht mehr, da er starke Probleme mit der Konzentration hatte. Mithilfe von Herrn Scheuer konnten wir darüber sprechen, wie alles Gute werden würde oder wie das Leben nach dem Tod vielleicht wäre und was für wunderschöne Dinge wir dieses Jahr noch erlebt haben.

Abends kamen Olivers Eltern ins Krankenhaus. Irmtraud hatte nicht mehr mit ins das Krankentransport-Auto gepasst und Rainer musste von seiner Arbeit erst noch hier her fahren. Als die beiden kamen, saß jeder an einer Seite von Olivers Bett und hielt eine Hand. Das war ein wunderschön-trauriger Anblick. Dann ließen Irmi und ich Rainer und Oliver ein bisschen alleine. Rainer erzählt, dass Oliver zu ihm gesagt habe, morgen müssten sie mal ein Stückchen laufen, die ganze Zeit im Bett rumzuliegen, das sei ja auch nichts. Oliver konnte sich kaum selbst aufsetzen… Er hat auch versucht Rainer aufzumuntern und sagte auch ihm, dass alles gut werden würde.

Nachdem Rainer und Irmtraud gegen neun Uhr gegangen sind, haben wir uns bettfertig gemacht. Oliver ist mithilfe von Schlafmitteln gut eingeschlafen. Mitten in der Nacht bin ich aufgewacht, weil er ganz aufgeregt war. Er fand das Licht nicht und auch den Rufknopf nicht. Ich habe versucht ihn zu beruhigen und den Pfleger gerufen. Das ist dann in der Nacht noch ein paar Mal passiert. Oliver hatte zwischendurch das Problem, dass er das Gefühl hatte, er muss sich bewegen, aber nicht die Kraft dazu hatte. Es gab dann noch ein bisschen Schlafmittel oder der Pfleger hat Oliver was zutrinken gereicht.

Morgens war Oliver dann nicht sehr erholt und immer noch sehr müde. Er konnte nicht gut sprechen, da sein Hals so trocken war. Als er sich aufrichten wollte, fing er wieder ganz hektisch an zu atmen. Er bekam dann noch etwas zur Beruhigung und schlief bald ein. Um noch etwas mit Oliver kuscheln zu können, habe ich unsere Betten zusammengeschoben.

Ich hatte dann mit der Ärztin und der Stationspsychologin ein Gespräch über seinen Zustand. Da Oliver die Hoffnung nicht aufgegeben hatte, wollte ich alles versuchen, damit ihm noch geholfen wird gesund zu werden, aber die Ärztin hat mir dann klar gemacht, dass wir nichts mehr tun könnten, nicht nur das Blut wäre schlecht, sondern der ganze Körper finge an zu versagen. Die Psychologin sagte mir, dass Menschen, die kurz vorm Tod ständen oft mehr Hoffnung hätten als zuvor. Manche Menschen machen dann sogar noch Urlaubspläne. Auf meine Frage, wie lange wir noch hätten, sagten sie wenn überhaupt dann nur noch ein paar Tage.

Um etwa 11 Uhr sind Ollis Eltern gekommen. Oliver hat die ganze Zeit geschlafen. Ich wollte die drei etwas alleine lassen und bin ins Wohnzimmer gegangen. Wenige Minuten später hat Rainer mich geholt, Olivers Atem wurde flacher. Irmtraud und ich haben uns auf mein Bett gelegt, ich an seinem Kopfende, sie an seinen Beinen, Rainer saß auf der anderen Seite und hat ihm die Hand gehalten. Olivers Atem wurde immer schwächer, bis er gar nicht mehr geatmet hat.


Oliver soll nächste Woche Samstag in Rehehausen beerdigt werden. Wir wünschen uns, dass alle, die das Bedürfnis haben sich dort von ihm zu verabschieden kommen. Niemand muss kommen, der sich nicht danach fühlt. Wir legen keinen Wert auf „wie sich das gehört“. Jeder soll einfach auf seinen Bauch hören.


Da wir alle so verstreut leben und auch viele von uns keine Tageszeitung haben, werde ich hier noch genaueres veröffentlichen.


2 Kommentare:

  1. Ruhe in Frieden Olli! Man wird sich irgendwann wiedersehen... Alles Gute für den Rest der Familie und unser herzlichstes Beileid! Nicole & Matthias

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  2. Wir sind unsagbar traurig. Lieber Oliver du wirst immer bei uns sein. Dein Herz und deine positive Einstellung haben uns alle geprägt und dem Leben etwas ganz besonderes hinterlassen. Du ruhst in uns und bestaerkst den Weg aller deiner Lieben. Viel Kraft und Mut an die ganze Familie.

    Danke Oliver!!! und wie sagst du immer so schoen? " bis gleich "


    Markus & Phine
    mit Maja + Linus

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