Donnerstag, 22. August 2013

Experimente


Liebe Leute,
Nachdem nun Olivers Prognose alles andere als gut ist, hat er sich dazu entschlossen eine Vitamin B17 (=Lätril=Amygdalin)-Therapie zu machen. Die Ärzte in Marburg haben es eigentlich nicht so mit Alternativmedizin, aber wir wollten trotzdem mal fragen, ob sie die Medikamente verabreichen würden. Ja, würden sie machen. Verlieren könnten wir ja nichts. Auf die Frage, ob wir von unserem Professor ein Rezept für die Medikamente bekommen würden, bekamen wir auch eine positive Rückmeldung. Wir waren ganz erstaunt und auch erleichtert. Also habe ich mich direkt ans Telefon gesetzt, mit der Heilpraktikerin gesprochen, Apotheke angerufen, bei einem Labor angerufen um einen Test für den "kompletten Tumorstatus" zu bestellen. Alles kam an, aber unser Professor ließ sich irgenwie nicht mehr blicken. Das Rezept, das ich dem Apotheker zugesagt hatte, bekamen wir auch nicht.

Nach zwei Tagen schaffte es der liebe Prof. B. dann doch mal in unser Zimmer, sah sich unsere Medikamente an, die wir nun ja schon bekommen hatten und war sehr zögerlich und schien einen Rückzieher machen zu wollen. "Sie können mich ja nicht zwingen Ihnen das anzuhängen." Darauf reagierte Oliver sehr laut und machte klar, das wir in dem Fall zügig das Krankenhaus wechseln würden. Erst Zusagen machen und sich dann nicht dran zu halten, das kann er gar nicht haben.

Für das Teströhrchen brauchten wir Blut und einen Zettel, der vom Arzt ausgefüllt werden sollte, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Das Ausfüllen des Zettels hat er abgelehnt. Jetzt müssen wir den Test selber zahlen.

Gestern Abend haben wir dann das erste Amygdalin angehängt bekommen. Auch wenn der Prof. immer wieder sehr ausdrücklich gesagt hat, dass er das nur ungern macht. Auch die Schwestern am Abend waren sehr skeptisch und haben uns das auch spüren lassen. Unsere Schwester heute Morgen war aber sehr nett und hat alles zusammengemischt, so wie wir es brauchen und dann dem einen Arzt zum Anhängen übergeben. Der schien auch etwas skeptisch, hat sich aber zurückgehalten.

Mir sind die Situationen sehr unangenehm und ich muss zugeben, dass ich die ganze Zeit überlege, ob es nicht sinnvoller wäre nach Herdecke ins Krankenhaus zu gehen. Momentan läuft hier im Prinzip nichts an Diagnostik oder an außergewöhnlichen Behandlungen. Die Schmerzmittel, Antibiotika und so könnte man auch dort bekommen. Aber hier sind ja die Spezialisten. Wer weiß was noch für Überraschungen auf uns zukommen. Da ist es wohl besser hier zu bleiben. Und vielleicht gewöhnen sich die Ärzte und Schwestern ja auch einfach langsam daran das Amygdalin zu verabreichen.

Abgesehen davon geht es Oliver noch immer sch****. Er hat starke Kopfschmerzen, die auch durch die Schmerzmittel nicht besser werden. Das Fieber kommt und geht. Heute schwitzt er dabei auch sehr viel. Das war die letzten Tage kaum der Fall, da hat er eigentlich immer gefroren, oder er hat nur wenig geschwitzt. Dafür ist die Temperatur heute zum erstem Mal (das ich es mitbekommen habe) auf 36,... gesunken. Bei den anderen Messungen war er immer mindestens bei 37 bis 38°C.

Alles was ich hier so schreibe, ist das was ich so mitbekomme. Natürlich kann ich nicht genau sagen, ob alles so 100%ig stimmt, was ich über Oliver Schmerzen, über seinen Zustand im allgemeinen schreibe. Ich schnappe einiges auf. Immer wieder fragen Ärzte / Schwestern / Physiotherapeutinnen wie es ihm geht, was ihm schmerzt. Nicht immer bekommen sie (und damit ich) eine zufriedenstellende Antwort. Oft ist es nur ein genervtes Stöhnen oder ein ungehaltenes "unverändert". Immer nach dem Motto "nervt mich nicht".

Das größte Problem ist im Moment, dass Oliver nicht alleine sein kann. Es muss immer jemand da sein, der springen kann. Geräte, die piepen lautlos stellen, Schwestern rufen für ne neue Wärmflasche, ein paar beruhigende Worte, wenn er beunruhigende Gedanken hat, einfach da sein. Manchmal ist auch gar nichts und ich sitze einfach nur still da, nur wenn ich weggehe, dann wird er sehr unruhig. Das ist gerade sehr anstrengend für mich. Keine entspannte Minute zu haben, immer darauf zu warten, dass irgendwas ist. Heute Abend kommen Olivers Eltern wieder, um diese Aufgabe mit mir zu teilen.

♥ Anna






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